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"Jetzt die Gläser hoch - jetzt das Tanzbein geschwungen“,

so jubelt der römische Dichter Horaz auf die Nachricht hin, dass Marcus Antonius und Kleopatra vernichtend geschlagen wurden und damit die Gefahr gebannt war, dass die ägyptische Königin, das „fatale monstrum“, die republikanische Verfassung Roms durch ein autoritäres Regime nach orientalischem Muster ersetzen würde.

Auf den Straßen Washingtons, New Yorks, Philadelphias und überall im Land jubeln und tanzen die Menschen auf den Straßen und geben ihrer Freude Ausdruck, dass dem Land vier weitere Jahre Trump erspart bleiben.

Aber wie in Rom, dessen republikanische Strukturen und Institutionen durch hundert Jahre Bürgerkrieg zerrüttet waren, so dass der Sieger über Kleopatra, der spätere Kaiser Augustus ohne große Widerstände die römische Republik durch das Kaisertum ersetzen konnte, so ist auch in den USA  die Gefahr für den Erhalt der Demokratie keineswegs gebannt. Das „fatale monstrum“ wurde zwar besiegt, aber der Trumpismus – das ist bei aller Befriedigung über das Wahlergebnis die unübersehbare bittere Erkenntnis – ist nicht verschwunden, im Gegenteil: er hat sich im Land etabliert. Mehr als 70 Millionen Bürger der Vereinigten Staaten haben einem Mann ihre Stimme gegeben, der über vier Jahre lang deutlich gemacht hat, dass für ihn demokratische Spielregeln und Einschränkungen nicht gelten, dass er sich als von den Massen getragener Alleinherrscher sieht, kurz, dass für ihn Demokratie, wie die Amerikaner sie bisher gekannt und geschätzt haben, keine Bedeutung hat.

In den zahlreichen Kommentaren zum Wahlergebnis habe ich eine sehr kurze, aber schlüssige Formulierung gelesen: Für Joe Biden hat die Wahl gereicht, für die amerikanische Demokratie nicht. Die von vielen erwartete überwältigende Zurückweisung dieses massiven Fehlverhaltens des Präsidenten eines demokratischen Gemeinwesens ist ausgeblieben. Konnte man bei der Wahl 2016, die ja auch nur ganz knapp für Trump ausging, noch von einem Betriebsunfall der amerikanischen Demokratie sprechen, so muss man nach dieser Wahl, die das Ergebnis von damals im Grunde bestätigt, klar sehen, dass es tieferliegende Gründe gab und gibt, die den Aufstieg eines demokratieverachtenden Autokraten ermöglicht haben, und sich ernsthaft Gedanken machen über die möglichen Folgen eines solchen Wahlverhaltens für die Zukunft der Demokratie in Amerika.

Das für unser Verständnis etwas gewöhnungsbedürftige Wahlsystem überdeckt die Verschiebungen und Konstanten in den politischen Einstellungen der Bevölkerung. 

Die Wahl Donald Trumps 2016 zum Präsidenten der USA war rein rechnerisch gesehen ein Zufall und hätte leicht auch anders ausgehen können. Hillary Clinton hatte den Sieg mehr oder weniger in der Tasche, wenn sie nicht in sträflicher Ignoranz und Arroganz die Staaten des sogenannten Rostgürtels, Wisconsin, Michigan und Pennsylvania, die seit Jahrzehnten traditionell demokratisch wählten, für sicher angesehen hätte (sie war zum Beispiel im Wahlkampf nicht ein einziges Mal in Wisconsin). Trump konnte diese Staaten mit insgesamt 46 Wahlmännerstimmen mit jeweils hauchdünnen Mehrheiten für sich gewinnen.

2020 hat sich oberflächlich betrachtet, kaum etwas verändert. Beide Parteien haben ihre traditionellen Hochburgen gehalten. Die Demokraten haben erneut dieselben Swing States verloren, wie beim letzten Mal, vor allem die dicken Fische Florida (29 Stimmen) und Ohio (18), und dieselben gewonnen, dieses Mal allerdings auch noch Arizona dazu gewonnen.

Eine erstaunliche Veränderung hat sich im Staat Georgia ergeben, der möglicherweise zum ersten Mal seit über 50 Jahren an die Demokraten fallen könnte. Aber im Kern ging es wieder nur um die berühmten „Rostgürtelstaaten“. Trump hatte sie beim letzten Mal nur mit einer minimalen Marge gewonnen, er hat die solide demokratische Basis in diesen Staaten nicht zerstört, und so war es den Demokraten möglich, diese Staaten mit einem entsprechenden Kraftakt im Wahlkampf zurück zu erobern – aber ebenfalls nur mit ganz geringem Vorsprung.    

Unter der Decke dieser sozusagen glazialen, d.h. kaum wahrnehmbaren Wählerverschiebung wird aber ein wichtiges Phänomen sichtbar; die Konsolidierung der Anhängerschaft der Republikaner, oder sollte man besser sagen Trump-Anhängerschaft, ja nicht nur Konsolidierung, sondern äußerste Mobilisierung. Das ist das eigentlich beunruhigende Ereignis: Donald Trump hat nicht nur mit 70 Mio. Stimmen ein Rekordergebnis für einen republikanischen Kandidaten erzielt, er hat nach vier Jahren im Weißen Haus voller Lügen (angeblich über 20.000), Irrationalität, Inkompetenz, Pöbelhaftigkeit, Traditions- und auch Rechtsbrüchen deutlich mehr Stimmen auf sich vereinen können als 2016, als man noch annehmen konnte, dass seine Ausfälle gegen die Konkurrentin und seine Missachtung der demokratischen Regeln und Gepflogenheiten der Hitze des Wahlkampfes geschuldet seien und einer präsidialen Seriosität Platz machen würden.

Wie ist es möglich, dass Bürger einer reifen und selbstbewussten Demokratie einem Mann, der diese so schwer beschädigt, ihre Stimme, ihr Vertrauen schenken? Was sind die Faktoren, die sie das übersehen lassen, oder wenn sie es doch bemerken, für wichtiger halten als die Gefahr einer Zersetzung der Demokratie?

Der Hauptgrund sind sicherlich schlicht Wahrnehmungs- und Erkenntnisdefizite bei einem Großteil der amerikanischen Bevölkerung – ein Phänomen,  das übrigens nicht auf die USA beschränkt ist. Die Amerikaner sind zwar sehr stolz auf ihre Demokratie – und der jüngste Wahlausgang ist ja ein Beweis dafür, dass sie immer noch funktioniert – aber gerade in ihrem Stolz auf diese Errungenschaft sind sie in der Mehrheit blind für die zahlreichen Schwächen und Fehlstellen des Systems, die ein Autokrat wie Trump rücksichtslos ausgebeutet hat. Demokratie – die Freiheit des Bürgers, sich selbst zu regieren – muss immer wieder neu erkämpft und ständig verteidigt werden. Mit dem schlichten Vertrauen auf Wahlen, in denen die Bürger die Politik bestimmen können, ist es nicht getan. Die jüngste Wahl hat erschreckend deutlich gemacht, wie auch dieses wichtigste Instrument des Volkswillens manipuliert und unwirksam gemacht werden könnte.

Es kommt im Falle Trump erschwerend etwas hinzu, was ich als die Ablösung der Politik durch Popkultur bezeichnen möchte. Trump ist es gelungen, zumindest beim harten Kern seiner Anhänger, die politische Realität durch eine fiktive Welt zu ersetzen, indem er die etablierte politische Kultur durch die Regeln der Popkultur ersetzt hat. In der Popkultur gibt es nicht wie in der Hochkultur bestimmte, von einer höheren Autorität festgesetzte Regeln. „Anything goes“, wie der Philosoph Paul Feyerabend das Mantra der Popkultur formuliert hat. Der Künstler setzt selbst die Regeln, lässt durch seine eigene Kreativität neue Formen entstehen. Einziges Kriterium für die Bedeutung des Kunstwerks ist die Zustimmung des Publikums. Gut ist, was gefällt. Diese Regellosigkeit funktioniert im Bereich der Kunst problemlos, wo Hochkultur und Popkultur schlicht nebeneinander existieren.

In der Politik aber gibt es keine Parallelwelten, besser gesagt, sollten sie nicht existieren, jedenfalls nicht in einer funktionierenden Demokratie. Aber genau das ist es, was Donald Trump, beginnend mit seinem von Tabubrüchen beherrschten Wahlkampf, in den vier Jahren seiner Amtszeit zum Teil bereits erreicht hat. Er hat nicht nur selbst keinerlei Respekt vor den etablierten Institutionen des demokratischen Systems und den Verhaltensnormen einer demokratischen Gesellschaft gezeigt, er hat mit seiner unablässigen Hetze dafür gesorgt, dass inzwischen ein großer Teil der Bevölkerung auf diese Linie der Verachtung demokratischer Ordnungsfaktoren eingeschwenkt ist.

Mit dem von ihm geprägten Begriff der „Fake News“ ist der Angriff auf das Herzstück der Demokratie und die Etablierung der Demokratie als Popkultur erfolgt. Hier geht es nicht mehr nur um die Verachtung von Regeln für das politische Verhalten und den Umgang miteinander in einer demokratischen Gesellschaft, hier wird die politische Realität als solche in Frage gestellt, indem die Entscheidung, was wahr und was falsch ist, der Beliebigkeit anheimgestellt wird. Indem alles, was dem eigenen Weltbild entgegenläuft, als Fake News abgetan wird, kann man sich in eine unangreifbare Isolation begeben, die jede politische Auseinandersetzung unmöglich macht.

Demokratie als Popkultur ist sozusagen die amerikanische Version des Totalitarismus. Sie muss anders als die autoritären Regimes nach dem Muster von George Orwells 1984 die Meinungsfreiheit nicht mit Gewalt unterdrücken, sie macht sich einfach immun gegen Kritik, indem sie die Frage nach der Realität für irrelevant erklärt. Was wahr oder falsch ist, entscheidet keine neutrale Autorität, sondern die Zustimmung des Volkes. Solange dieses, zumindest in seiner Mehrheit, die neue „Realität“ anerkennt, ist sie gültig.

Die politische Popkultur, die eine riesige Menge von Menschen dazu veranlasst, sich freiwillig in eine Blase einzuschließen, an die keine nicht konforme Information von außen herankommt, ist das eigentliche Gift des Trumpismus, das die demokratische Kultur zersetzt. Die Blase aufzulösen und diese Menschen wieder einzubinden in einen demokratischen Diskurs, ist nach vier Jahren trump,scher Konfrontationsrhetorik eine Aufgabe, die mit dem Verschwinden der Gallionsfigur nicht erledigt ist.

Denn die populistische Rhetorik Trumps hatte einen Resonanzboden gefunden in den tief sitzenden Ressentiments und Verlustängsten großer Teile der amerikanischen Bevölkerung. Trump hat sich seine Gefolgschaft ja nicht aus dem Nichts geschaffen. Er fand sie vor – und sie existiert weiter – in den Menschen, die sich von der Globalisierung der Wirtschaft abgehängt fühlen, deren gut bezahlte Arbeitsplätze in der Schwerindustrie verschwunden sind, und die sich dem kulturellen und gesellschaftlichen Modernisierungsschub entgegenstemmen, der zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen, zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch, zum Durchbruch der Gleichberechtigung der Rassen und zu vielen weiteren das konservative Weltbild verstörenden Veränderungen in Amerika geführt hat.

Wirtschaftlicher Abstieg oder auch nur die nicht unbegründete Angst davor und Widerwillen gegenüber den Veränderungen in der Gesellschaftskultur haben schon lange vor Trump vielen Menschen das Gefühl gegeben, dass sie sich von der Politik nicht mehr vertreten fühlen, dass Amerika nicht mehr ihre Heimat ist. Trump hat instinktiv diese Stimmung aufgenommen und sie zu einem machtvollen politischen Instrument aufgebaut. Diese Bewegung innerhalb der amerikanischen Bevölkerung und nicht Donald Trump in Person sind der eigentliche Grund für die überraschend hohe Zustimmung, die der scheidende Präsident trotz seiner desaströsen Amtsführung erhalten hat. Sie ist mit seinem Abgang nicht verschwunden. In ihrer Verschärfung und Zuspitzung durch ihn hat sie das Erbe, das er seinen Nachfolgern hinterlässt, nur noch erschwert.

Es gibt natürlich daneben auch ganz handfeste Interessen, die Menschen veranlasst haben, Trump erneut oder teilweise sogar zum ersten Mal ihre Stimme zu geben. Mit der ihn umgebenden Aura des Milliardärs gilt er für viele Menschen als der richtige Mann für die Wirtschaft und damit als Garant für das eigene finanzielle Wohlergehen. Umfragen haben gezeigt, dass die Wirtschaft für weit über ein Drittel der Wähler das entscheidende Motiv für ihre Wahlentscheidung war, andere Themen, selbst die Corona-Pandemie mit über 200.000 Toten spielten nur eine Nebenrolle. Man wird erinnert an den Ausspruch von Bill Clinton bei seiner Wahl: „It´s the economy, stupid“. An erster Stelle, und das gilt auch und gerade in hoch entwickelten demokratischen Gesellschaften, steht bei der Wahl meist das eigene wirtschaftliche Interesse. Der Fernsehmoderator Ingo Zamperoni hat von seinem amerikanischen Schwiegervater berichtet, dass er Trump wählt, wobei er sich – bildlich gesprochen – die Nase zuhält, weil dieser  besser sei für die Wirtschaft Amerikas (und damit eben auch für die eigene Brieftasche). Trump hat das Seine dazu beigesteuert, indem er Biden als Sozialisten angeprangert hat, was vor allem bei den Exil-Kubanern und Einwanderern aus Venezuela einen solchen Eindruck gemacht hat, dass Biden in Florida mit einer höheren Marge verloren hat als Hillary Clinton 2016.

Schließlich darf man nie vergessen, dass die Vereinigten Staaten in ihrem Kern ein konservatives Land sind. Die Eindrücke, die New York und San Francisco vermitteln, dürfen nicht fürs Ganze genommen werden, im Gegenteil: das eigentliche Amerika ist alles andere als weltoffen. Es ist introvertiert, von Tradition und Religion geprägt, fast schon chauvinistisch in seinem Patriotismus, aufs Ganze gesehen eher ländlich als urban. Für diese Menschen war Donald Trump der wahre Amerikaner, den sie für einen der Ihren ansahen und anerkannten. Seine Botschaft „Make America great again“ klang nach Zukunft, war aber im Grunde ein nostalgischer Appell an eine glorreiche Vergangenheit, in der auch gesellschaftlich die alte Ordnung wieder hergestellt werden sollte mit der protestantischen, weißen Mittelschicht als politisch, wirtschaftlich und kulturell dominierende Bevölkerungsgruppe. Donald Trump hat ausschließlich nur diesen Teil der Bevölkerung angesprochen und  ihn mit dem Schüren von Angst vor dem Verlust ihrer dominierenden Position in einer beispiellosen Weise mobilisiert. Er hat mit voller Absicht die bestehende Spaltung der Gesellschaft instrumentalisiert und damit nur noch weiter verstärkt.

Diese Spaltung der Gesellschaft ist schon seit vielen Jahren im Gange; man könnte sagen, sie begann, als die USA Anfang der Sechziger Jahre ihre vermeintliche Unschuld als Idealbild der Demokratie verloren und sich endlich mit der fortwährenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung auseinandersetzen mussten. Das Verlangen nach Gleichberechtigung, das von der schwarze (und weißen liberalen) Bürgerrechtsbewegung in die Gesellschaft hineingetragen wurde und mit der Bürgerrechtsgesetzgebung Mitte der Sechziger Jahre auch einen ersten großen Fortschritt erzielte, hat bei einem nicht kleinen Teil der Bevölkerung schwere Ressentiments hervorgerufen, die sich auch in politischem Widerstand niederschlugen. Der Vietnamkrieg spaltete die Nation noch mehr, vor allem führte er zu einer tiefen Desillusionierung der Jugend in Bezug auf die von ihren Eltern übermittelten konservativen Werte. Die von Ronald Reagan forcierte Einführung einer neoliberalen Wirtschaftspolitik mit der Globalisierung in deren Folge ließ die bisherigen gut bezahlten Arbeitsplätze in der Industrie immer mehr verschwinden und führte zu einer immer größer werdenden Spreizung der Vermögensverhältnisse, die mittlerweile obszöne Ausmaße angenommen hat. Für den kleinen Mann, der dieser Entwicklung hilflos gegenübersteht, musste ein Mann wie Trump, der die goldenen Zeiten der Vergangenheit zurückzubringen versprach, wie ein Heilsbringer erscheinen.

Er ist nicht der erste Sprecher der konservativen Nostalgie. Als Bill Clinton anfangs mit einer progressiven Agenda antrat, zu der unter anderem ein modernes Krankenversicherungssystem für alle Bürger gehörte, bildete sich eine konservative Gegenbewegung unter dem Banner „Contract with America“, die bei den Kongresswahlen 1994, zwei Jahre nach Clintons Wahlsieg, einen Erdrutschsieg im Kongress errang und das Kräfteverhältnis vollständig umwarf. Eine ähnliche Bewegung entstand nach dem Wahlsieg Barack Obamas mit der sogenannten „Tea Party“, die für eine radikal konservative Politik und gegen jegliche Kompromisse mit der demokratischen Partei aufgestellt ist und auf dem Höhepunkt ihres Einflusses jeden republikanischen Politiker, der Abweichungen von ihrem ultrarechten Programm zeigte, gnadenlos bekämpfte.

Das ist die politische Basis, die Donald Trump vorfand und die er für seine Wahl und zur Unterstützung seiner Politik ausbeutete. Mit dieser Gefolgschaft im Rücken war es ihm möglich, alle republikanischen Senatoren ihm dienstbar zu machen. Denn auch wenn die Senatoren (und Abgeordnete des Repräsentantenhauses) völlig unabhängig für sich als Person gewählt werden, müssen sie doch den Zorn, ja, die Wut der republikanischen Basis in ihrem Heimatstaat fürchten, wenn sie es wagen, dem Autokraten im Weißen Haus die Gefolgschaft zu verweigern.

Wie stark sich die Polarisierung entwickelt hat, kann man am Vergleich der beiden Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) 1974 gegen Nixon und 2020 gegen Trump ersehen. Damals sind in der letzten Phase des Verfahrens, als die Anklage im Senat verlesen wurde und die Abstimmung kurz bevor stand, die führenden republikanischen Mitglieder des Senats ins Weiße Haus gegangen und haben Nixon mitgeteilt, dass er nicht die nötigen zwei Fünftel der Stimmen aus ihrem Lager bekommen werde, die notwendig wären, um die Amtsenthebung abzuwenden. Bei Trump hat nur ein einziger republikanischer Senator – nein, nicht für die Amtsenthebung, sondern nur dafür gestimmt, dass man doch Zeugen der Anklage hören solle. Bei der eigentlichen Abstimmung haben alle Senatoren trotz überwältigender Beweise für gravierende Amtspflichtverletzungen ihre Loyalität für Trump oder besser ihre Furcht vor Trump über ihre Verpflichtung zu Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung gestellt.

Das ist die eigentlich bedrückende Erkenntnis aus vier Jahren Regierung Trump und einem Wahlergebnis, das diese Politik und diesen Politiker in gewisser Weise bestätigt hat- auch wenn es – man darf das mit Aufatmen feststellen – nicht gereicht hat für ein Mandat für weitere vier Jahre. Was das aus der Demokratie in Amerika gemacht hätte, ist kaum vorstellbar. Aber auch so sollte man die Augen nicht davor verschließen, dass die demokratische Basis in den USA bei weitem nicht so stabil ist, wie sie sich gern gibt. Die USA sind nicht davor gefeit, in die Hände eines Usurpators zu fallen. Die Anzeichen sind unübersehbar. Das berühmte Prinzip der Checks and balances zwischen der Exekutive, dem Präsidenten, und der Legislative, dem Kongress, hat einem parteipolitischen Grabenkampf Platz gemacht, bei dem viele Abgeordnete und Senatoren nicht nur ihre verfassungsmäßige Unabhängigkeit aufgegeben haben, sie verfehlen auch das ihnen aufgetragene Mandat, Interessenvertreter aller Bürger ihres Wahlkreises, ihres Staates zu sein.

Die amerikanische Demokratie ist aufs Höchste gefährdet, auch wenn es dieses Mal offensichtlich noch gerade einmal gut gegangen ist. Es fehlt – und damit stehen die USA ja nicht allein – an politischer Bildung, es fehlt aber auch offensichtlich bei einem großen Teil der Bevölkerung an dem Willen, die eigenen Partikularinteressen zurückzustellen, wenn es darum geht, die Demokratie als solche zu erhalten.

Werner Peters

Philosoph & Hotelier


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Lilli Cremer-Altgeld

Lilli Cremer-Altgeld
Lilli Cremer-Altgeld ist gelernte Print-, Radio- und Fernseh-Journalistin. Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) hat sie über internationale Wirtschaftspolitik geschrieben. Als Universitätskuratorin leitete sie den Arbeitskreis Presse an der Privaten Universität Witten/Herdecke. Sie hat an der Fortbildungsakademie der Wirtschaft in Köln, Leipzig und Dresden Kommunikation unterrichtet und wurde aufgenommen als Mitglied im Rednerlexikon für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Ihre Seminare und Vorträge führten sie durch Deutschland, Europa, in die USA, in die Karibik und nach Afrika. Von der Stadt Köln ist Cremer-Altgeld für Ihre Arbeiten mit dem Museumsportrait 'Kölner Persönlichkeiten' ausgezeichnet worden ebenso wie mit der gleichnamigen Veröffentlichung von Professor Alphons Silbermann und Peter H. Fürst. Auswahlkriterien waren: Wer »hervorragend geeignet erschien, sein Köln in all seiner Lebendigkeit und Farbigkeit, seiner menschlichen Wärme und hohen Intellektualität zu vertreten.« Cremer-Altgeld ist Bloggerin. Sie interviewt Menschen aus allen sozialen Milieus: unbekannte, unerkannte, bekannte, berühmte und weltberühmte Persönlichkeiten. Sie schreibt und arbeitet als Beraterin für Wirtschaftsunternehmen, Institutionen und Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur.

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